Kleine plattdeutsche Geschichten und Gedichte (in ostfriesischem Plattdeutsch)

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      Der Bauer und seine Tochter. (Wörtliche Übersetzung der plattdeutschen Geschichte ins Hochdeutsche.)

Es war einmal ein Bauer, der hatte eine Tochter, die war so schön, dass sich alle jungen Männer ein paar Mal nach ihr umdrehten, wenn sie einmal zusammen in der Stadt waren. Ihr Name war Elke und sie hatte schöne blaue, große Augen und dunkelbraunes Haar, was ja nicht so häufig vorkommt. Aber sie hatte es sehr schwer in ihrem kurzen Leben, weil sie als Kind ihre Sprache verloren hat. Bei einem Unfall mit dem Traktor ihres Vaters ist ihre Mutter verunglückt und Elke saß mit auf dem Trecker, als das Unglück passiert ist, so hat sie alles miterlebt.
Seitdem hat sie keinen Ton mehr herausgebracht.
Ihr Vater, Gerd Diekmann, war ein Großbauer. Er hatte etwa achtzig Kühe, fünfzig Schweine, zwei Pferde und fünfzehn Schafe. Sowie Hühner, Kaninchen, Hunde und Katzen, wie das auf einem Bauernhof so üblich ist. Knechte und Mägde und eine Haushälterin, die sich auch um alle Tiere am Hause kümmern mussten. Elke hatte besonders einen hellbraunen Hund in ihr Herz geschlossen.
Vater Diekmann und Elke waren ein Herz und eine Seele, wie man so sagt, aber jetzt kam Elke so langsam in das Alter, sie war gerade dreiundzwanzig geworden, wo sie auch gerne einmal mit ihren Fründinnen zu Tanzveranstaltungen ausging und dass sie auch hier und dort einmal nach einem Jungen schaute. Das war ihrem Vater zunächst gar nicht recht, er musste sich erst daran gewöhnen, dass es auch einmal einen anderen Mann gab, der Elke etwas näher kam. Und es blieb ja auch immer die Sorge, dass sie sich mit niemandem so richtig unterhalten konnte. Das war eine schwere Last. Sie ging mit ihrem Vater zu den besten Psychologen und anderen Ärzten und das jahrelang, aber keiner konnte ihr wirklich helfen. So schrieb sie alles auf, was sie sich merken musste und auch das, was sie in ihrem Kopf und auf ihrem kleinen Herzen hatte.

Als sie dann etwas älter wurde und die höhere Schule besuchte, fing sie an kleine Geschichten aufzuschreiben und das wurden immer mehr und immer musste auch ihr Hund „mitspielen“. Sie hatte ihn Trolli genannt. Die besten ihrer Erzählungen brachte Elke zusammen mit ihrem Vater eines Tages nach Norden, zum Norder Kurier und tatsächlich wurden etwa zehn davon, samstags, in der Zeitung, abgedruckt, aber nicht unter ihrem eigenen Namen, Elke Diekmann, sie hatten mit den Leuten in dem Kurier einen anderen Namen abgemacht: Inka Diekena stand erst einmal darunter.

Eines Tages schrieb sie ihrem Vater einen Brief. Sie versuchte ihm darzustellen, dass sie nicht ihr ganzes Leben lang zu Hause bleiben könnte, dass sie hinaus möchte, um etwas zu lernen, wie andere Menschen auch, und dass sie später auch einen Mann finden möchte, den sie lieb hätte.........

Aber Ihr Vater hatte große Angst um sie, dass sie alleine nicht zurechtkommen würde und das sie dort draußen ganz einsam und unglücklich sein würde und so verging noch ein ganzes Jahr, bis er ein Einsehen hatte und ihr in Norden ein kleines Häuschen kaufte. Elke zog mit all ihren Sachen und mit ihrem Hund nach Norden, und weil sie bei der Zeitung ja schon bekannt war, bekam sie dort auch eine Arbeitsstelle am Kontor und sie war fleißig und schrieb eine Geschichte oder Erzählung nach der anderen, oft bis in die Nacht hinein und war sehr glücklich.

Eines Abends war sie mit ihren Fründinnen auf einer Tanzveranstaltung und lernte einen jungen Mann kennen, der, den ganzem Abend nur mit ihr tanzen wollte. Peter, so hieß er, war Lehrer von Beruf. Ihm war es zuerst gar nicht aufgefallen, dass Elke nicht mit ihm sprach. Er wollte scheinbar nur in ihre schönen Augen sehen und beim Tanzen möglichst dicht bei ihr sein. Aber als er mit ihr verabreden wollte, wann sie sich wiedersehen könnten und sie auch dann nur mit dem Kopf nickte, fragte er sie behutsam, ob sie denn gar nicht mit ihm sprechen wolle.
Sie schrieb ihm auf einem kleinen Zettel, dass sie „im Moment“ nicht sprechen könne, er möge noch warten, und als er sagte, dass das Sprechen ja auch nicht nötig wäre, er würde sowieso in ihren Augen alles lesen können, war sie sehr froh, aber es wurde ihr auch etwas bang ums Herz, was die Zukunft ihr wohl bringen würde.
Als Peter dann auch noch heraus bekam, dass die Geschichten und Erzählungen in der Zeitung, die er so geern las, alle von Elke ausgedacht waren, (Trolli hatte sie verraten) hat es jetzt ihm fast die Sprache verschlagen und er war nun ganz und gar in sie verliebt und es gab fast keinen Tag mehr an dem es sich nicht einrichten ließ, dass sie sich mindestens eine halbe Stunde „sehen“ konnten.

Aber Bauer Diekmann hätte ja gerne einen jungen Bauern als Schwiegersohn gehabt, das versteht sich ja van selbst, auch wenn er Peter sehr gerne mochte. Er konnte mit einem Lehrer, zumindest über seinen Hof, ja nicht viel besprechen, und wer sollte denn einmal den großen Hof übernehmen? „Aber es gibt ja auch vielleicht noch Enkelkinder,“ dachte er, „und wenn Elke, sein Ein und Alles, sich mit Peter einig ist, dann sollen sie seinen Segen auch noch von Herzen haben.“

Es kam so, wie es kommen musste, Elke und Peter haben dann auch bald geheiratet und es dauerte nicht lange, da kam das erste Kind auf die Welt und das war ein kleiner Junge (!) und was das Schönste war, noch bei der Geburt und an den Tagen danach, hat Elke langsam wieder angefangen mit dem Sprechen.
Und wenn sie heute noch leben, dann sind alle zusammen sicherlich sehr glücklich.



       Johannes de Vries

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Anmerkung:
Die Geschichte ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit, auch der Namen, mit lebenden Personen wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt.

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